Auf dem Brendlsteig über die höchsten Gipfeln des Karwendels

Pockinger Alpenvereins-Frauen meistern knackige Bergtour im Karwendelhauptkamm

Das Karwendel ist eine eindrucksvolle Gebirgsgruppe mit mehr als 100 Gipfeln über 2000 Meter. Die höchsten, die drei Ödkarspitzen, alle über 2700 m hoch und die Birkkarspitze , 2.749m waren Ziel der Pockinger DAVler.
Ausgangspunkt dieser Drei-Tages-Tour war der Große Ahornboden, eine Hochebene auf ca. 1.300 Meter Höhe. Von den Parkplätzen bei der Engalm starteten die fünf Frauen. Es war bereits 10.30 Uhr und die Sonne brannte schon unbarmherzig auf die Wanderer. Der Wanderweg, der gesäumt war von uralten Bergahornen, führte in westliche Richtung über das Almgelände. Schon bald ging es moderat ansteigend durch den sogenannten Märchenwald bis zum Hohljoch auf 1.794m Höhe. Die Blicke waren phantastisch, unten der Enger Grund und darüber die Steilwände der Grubenkarspitze. Nun zog sich der Steig durch die Laliderer Reißen, eine riesige Stein- und Geröllhalde unterhalb der beeindruckenden, fast 1.000 m hohen Steilwände, die Laliderer Wände. Ohne nennenswerten Steigungen erreichte die Gruppe das Spielissjoch, 1.773 m. Schon lange, von weitem, konnte man die Falkenhütte sehen, aber jetzt war sie zum Greifen nahe. Nur noch ein paar Höhenmeter und das Zwischenziel auf 1.848 m war erreicht. Endlich ein kaltes Getränk und eine Brotzeit im Schatten der Sonnenschirme. Eine Stunde Pause gönnten sich die DAV-Frauen bevor es wieder weiter ging.
Die Hitze machte den Berglern zu schaffen. Bis zum Karwendelhaus auf 1.765 m war es noch weit. Der Wegweiser „sagt“ ca. drei Stunden. Zunächst ging es hinunter zur Laditzalm auf 1.573m, und die weiteren Wegweiser verwiesen auf den Kleinen Ahornboden im Oberen Teil des Johannistals auf 1.400 m. Das wären nochmals ca. 180 Höhenmeter Abstieg, die man ja wieder rauf müsste. Aber Bergwander-Führerin Anita Kälker hatte die Tour vor etlichen Jahren schon mal gemacht und sie wusste es gibt einen „Insiderweg“. Nach etlichen Kehren des Normalweges dann ein Abzweigender, ein unmarkierter Steig. Das war der Einstieg in den Trampelpfad. Krummholz, Latschen und von Pionierpfanzen überwucherte Berghänge prägten die Umgebung. Dann plötzlich, der Steig war von einer Gerölllawine verschüttet, das konnte doch nicht lange her sein. Ein paar Steigspuren gab es schon und so war die Passage schnell überquert. Später dann eine riesige „Kiesgrube“, die sich unter den Laliderer Wänden den Weg nach unten bahnt. Nur ein Rinnsal suchte sich seinen Weg ins Johannistal. Aber wenn in den Bergen die Schneeschmelze einsetzt, oder sich ein Gewitter mit Starkregen entlädt, dann ist hier „der Teufel los“.
Der Insiderweg mündete in den Normalweg zum Karwendelhaus. Nach etwa 1.200 Höhenmetern je im Auf- und Abstieg und gut 6 Stunden Wanderzeit war das Tagesziel, das Karwendelhaus auf 1.756 m erreicht.
Am nächsten Morgen dann die Königsetappe im Karwendel, über den Brendlsteig auf die Ödkarspitzen und auf den höchsten Gipfel, die Birkkarspitze. Wegen Knieproblemen konnte leider eine der Teilnehmerinnen die Tour nicht mitmachen.
Gleich hinter dem Karwendelhaus führt der Steig steil hinauf, mit Seilversicherungen. Laut Hüttenwirt sollte jeder der hier schon Schwierigkeiten hat unbedingt umdrehen. Für die Pockinger war das aber in keinster Weise ein Problem.
Der Steig leitete die Gruppe in Richtung Schlauchkar, wo zuvor der Brendlsteig abzweigte. Nach einer Querung dann der erste Steilaufstieg. Über Schrofengelände und durch Latschenbewuchs ging es steil bergauf. Seilversicherungen sollten Sicherheit vermitteln, aber diese waren teilweise lose und nicht mehr vertrauenswürdig. Aber für die Pockinger kein Problem. Am Ende des Aufstiegs wartete ein breiter Bergrücken, der nördlichste Ausläufer der Westlichen Ödkarspitze. Dieser lud ein zu einer wohlverdienten Getränkepause und erlaubte beeindruckende Tiefblicke ins Karwendertal.
Aber wo geht es nun weiter? Verblasste Markierungen und das Gespür der Bergwanderleiterin geleitete die Gruppe in felsiges, brüchiges Gelände. Zunächst führten die Steigspuren über den herabziehenden Bergrücken und dann folgte eine felsige, ausgesetzte Passage. Es war Vorsicht geboten. Mittlerweile zeigte sich eine lebensfeindliche Mondlandschaft mit bizarren Felsformationen und ein riesiges Schuttkar, das Große Ödkar. Nach deren Querung zeigten Steinermandln den Weg, dann der erste Gipfel, die 2.712 m hohe Westliche Ödkarspitze. Der Steig zog sich dem Bergrücken entlang, vorbei an einem beeindruckenden Felsenfenster und schon bald war die Mittlere Ödkarspitze erreicht. Nur ein Obelisk schmückte den Gipfel. Berg Bergstock fällt entlang des Bergsteiges nach Norden hunderte Höhenmeter senkrecht ab. Nun folgte der heikelste Teil der Bergtour. Beeindruckend zeigte sich die Östliche Ödkarspitze. Wie ein Haifischzahn ragte sie in den Himmel. Der Weg über die Bergspitze war sehr ausgesetzt. Zwar gab es lockere Seilversicherungen, die aber eigentlich nicht wirklich Hilfe boten. Der Gipfel war erreicht, und der Abstieg schien noch schwieriger. Erst eine heikle Abstiegspassage, dann ein schmaler Grat. Es war nur ein kurzes Stück, aber wer hier nicht aufpasst für den wird es lebensgefährlich.
Alles ist gut gegangen, schon bald war der Birkkarsattel erreicht. Bei der Biwakschachtel nochmals kurz Pause, dann der finale Aufstieg zur 2.747 m hohen Birkkarspitze. Schon nach 30 Minuten standen die Pockinger am Gipfel. Die Fernblicke waren Phantastisch. Sie reichten über die unzähligen Karwendelgipfeln bis zum Wettersteingebirge, zu den noch vergletscherten Stubaier- und Zillertaler Alpen und weiter über die nördlichen Voralpen-Bergketten. Und hinunter ins Schlauchkar, wo der Abstieg zum Karwendelhaus folgte.
Ein schier endloses Schuttkar wartete auf die Alpinisten. Ca. 1000 Höhenmeter durch brüchiges und schottriges Gelände musste gemeistert werden. Teils mühselig, teils abschüssig war der obere Teil des Schlauchkars. Der mittere Teil wieder eine riesige Kiesgrube und dann die ersten Grünflächen und Latschenhänge. Beim morgendlichen Abzweiger schloss sich nun der Kreis. Begrüßt wurden die Bergsteigerinnen von einer größeren Herde Gämsen. Jungtiere tollten über die Grasflächen unter den aufmerksamen Augen der Muttertiere.
Die Sonne stand schon tief, es war eine besondere, friedliche Stimmung. Kurz darauf erreichten alle wohlbehalten das Karwendelhaus. Abends hatte man viel zu erzählen und man blickte fast ungläubig ins Steilgelände. Da waren wir oben – unglaublich.
Am nächsten Morgen ging es zurück zum Ahornboden und mit dem Auto nach hause.