Im Süden der Alpen – die Calancakette

Führungstour der Ortsgruppe Pocking, DAV Sektion Bad Griesbach im Rottal, 03.08.-09.08.2025

Die weite Anreise von Niederbayern bis in den Schweizer Kanton Tessin absolvierten die 9 Bergsteigerinnen und Bergsteiger zum ersten Mal vollständig mit den öffentlichen Bahn-und Busangeboten. Schon diese Tatsache bescherte allen einen spannenden Tag: Regionalexpress nach München, Eurocity-Express nach Zürich, Intercity nach Bellinzona und 2 Busverbindungen bis Santa Maria in Calanca, einem uralten Bergdorf, hoch über dem Tal des Ticino gelegen.

Die erste Nacht verbrachten dort alle in einem Ostello, das die Gemeinde den Wanderern zur Verfügung stellt. Im nahen Ristorante Bellavista, dem einzigen im Ort, wurden dann alle mit Risotto und luftgetrocknetem Schinken belohnt.

Bei schönstem Sommerwetter wurde dann der „Sentiero Alpino Calanca“ in Angriff genommen, ein anspruchsvoller Bergpfad, welcher die gesamte Kette durchzieht, 46 Kilometer lang, um die 5000 Höhenmeter noch oben drauf. Gleich hinter Santa Maria sind dann die ersten tausend Höhenmeter zu erklimmen und das auf einer zum Teil kaum erkennbaren, ausgesetzten Pfadspur. Einige heikle Stellen sind mit Eisenketten etwas entschärft.

Am Nachmittag ist die aufgelassene Alm Alp di Fora erreicht. Dort können wir die Sonne genießen, ein Abendessen kochen und als einzige Menschen dort auch übernachten. Die Calanca ist eine einsame Bergregion. Wir treffen 4 Tage lang kaum auf andere Bergsteiger!

Der folgende Tag ist schon deutlich anstrengender. Wiesen, Felskare und Jöcher sind zu bewältigen. Ketten und Eisenleitern helfen mitunter weiter. Zur Belohnung wird dann gegen Abend die einzige bewirtschaftete Berghütte in der Calanca erreicht, das Refugio Buffalora. Klein, gemütlich, ganz aus Holz gebaut und versorgt von zwei jungen Schweizerinnen, genießt die Gruppe ein kühles Bier und ein dreigängiges Abendmenü.

Die Königsetappe ist am nächsten Tag zu bewältigen: 12 Stunden Gehzeit, 4 Passübergänge bis 2500m Höhe – das geht enorm in die Muskeln und Knochen. Glücklicherweise gibt es unterwegs zwei herrliche Bergseen, die zur Ruhe und zum Baden einladen. Ein improvisiertes Mittagessen unterbricht das Steigen erneut an der kleinen Biwakschachtel Ganan. Dort gibt es einen Gaskocher, Geschirr und frisches Quellwasser. So kann man eine heisse Suppe kochen und zu den mitgebrachten Keksen einen Kaffee trinken. Den Abschluss bildet dann ein erneuter steiler Anstieg von 500 Höhenmetern zu einem Pass, der zur Biwakschachtel Pian Grand leitet. Hier sind ausnahmsweise schon eine Hand voll Bergsteiger zusammen mit uns eingetroffen. Aber jeder findet schließlich eine Koje oder Ecke, wo er sein Nachtlager einrichten kann.

Dicker Nebel empfängt uns am nächsten Morgen. Glücklicherweise steht uns nur noch der lange Abstieg nach San Giacomo an der Passstraße des Kleinen St. Bernhard bevor.

Dort angekommen geht es mit dem Postbus nach Bellinzona, der Hauptstadt des Tessin, wo in einem Hotel erst einmal geduscht und in frische Sommerkleidung geschlüpft wird.

Stadtbummel, Pizzeria und ein weiches Bett vermitteln den Hauch einer anderen, erholsamen Welt.

Zur Belohnung für all die vergangenen Strapazen geht es am nächsten Tag mit dem Lokalzug nach Locarno am Lago Maggiore: Blauer Himmel, Hitze über 30 Grad, Palmen an der Strandpromenade, Besuch einer Eisdiele, Standseilbahn hinauf zur Wallfahrtskirche Madonna del Sasso, hoch über dem See. Was könnte schöner sein?

Eine letzte Hotelnacht vor der langen Bahnfahrt zurück in die Heimat verläuft ohne nennenswerte Probleme.

Alle Bergfreundinnen und -freunde sind glücklich, dieses verborgene Paradies im Süden unserer Alpen kennengelernt zu haben. Das kann selbst der heftige Muskelkater nicht mehr schmälern.

Text: Ludwig Kronpaß

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