Wo die Berge den Himmel berühren – Trekkingtour im Khumdugebiet.

Sechs Alpenvereinsmitglieder erfüllten sich den Traum Himalaya-Trekking

Es spukte schon länger in den Köpfen zweier Frauen herum, nochmals nach Nepal, nochmals Himalaya-Trekking aber dieses mal ins Khumdugebiet. Des Öfteren hatten sie ihr Vorhaben schon geäußert und so waren es letztendlich sechs Alpenvereinsmitlieder (fünf DAV-Pocking, eine DAV Bad Griesbach) die sich diesen Traum erfüllten. Man buchte die Tour bei einem renommierten Trekking-Reisen-Anbieter.

Am 30. September 2022 war es dann soweit. Die Gruppe flog von München über Istanbul nach Kathmandu, wo sich der niederbayrischen Gruppe noch sechs weitere Teilnehmer und drei Sherpas anschlossen. Am Tag darauf ging es mit Kleinbus und Jeep auf abenteuerlichen Straßen nach Mulkot (100km/4Std.) und am frühen nächsten Morgen (35km/1,5h Std.) zum Flughafen Ramechap. Nun folgte der Sichtflug mit einer Propellermaschine nach Lukla, dem angeblich gefährlichsten Flughafen der Welt. Sechs Träger übernahmen hier das Gepäck. Jetzt beginnt das langersehnte Trekking das die Gruppe bis ins Zentrum des Khumdu Himal führen wird.

In den ersten Trekkingtagen durchwanderte die Gruppe eine üppige Vegetation, denn hier im Nepal auf der Südseite des Himalaya herrscht ein anderes Klima als bei uns. Bis ca. 3000m Höhe wachsen auf den terrassenartig angelegten Feldern Reis, Kartoffeln, Mais und andere Getreidesorten. Auch in den Gemüsegärten gedeihen Rettich, Karotten und verschiedene Kohlarten. Die Gruppe folgte weiter dem rauschenden Fluss Dudh Koshi, auch Milchfluss genannt. Bald betrat man den Everest-Nationalpark und überquerte die Hillary-Brücke, benannt nach dem Everest-Erstbesteiger Sir Edmund Hillary. Auf einem breit angelegten Weg durchwanderten die Alpinisten kleine Dörfer mit ihren typisch blauen Dächern, es ging vorbei an Manimauern und Chörten, und durch Wälder aus baumhohen Rhododendren. In Namche Bazar auf 3450m war Zwischenstation. Wegen der Höhenanpassung verbrachte man hier zwei Tage. Eigentlich hätte man hier schon eine gute Sicht auf die umliegenden Sechs-, Sieben- und auch Achttausender, aber leider dauerte heuer der Monsun länger als erwartet. In den folgenden Tagen war der Regenschutz das wichtigste Equipment. Erst auf der Etappe nach Marlung, 4200m zeigte sich zögerlich der blaue Himmel. Und sie waren da, die weißen Eisriesen des Khumdu Himal. An nächsten Morgen Besteigung des Lungden Peak, 5100m. Bei einem Mix aus Sonne und Wolken machte sich die Gruppe auf den Weg. Zwischendurch ergatterte man Blicke auf den Cho Oyu, 8188m denn die Wolken dominierten wieder am Himmel. Eine größere Herde Yaks beobachtete die Szenerie und sie waren ein willkommenes Fotomotiv. Bei dieser wichtigen Akklimatisations-Tour wurden die Teilnehmer auf die kommenden Passüberschreitungen vorbereitet, denn schon am nächsten Tag wartete das erste große Etappenziel, der Renjo-Pass, 5340m auf die Gruppe.

Am frühen Morgen dann endlich überwiegend blauer Himmel und die Eisdome zum Greifen nah. Die heutige Etappe, mit 1000 Höhenmetern im Aufstieg und 650 Höhenmeter Abstieg, wird anstrengend und lang. Die Berggipfel mit unaussprechlichen Namen wurden von der Morgensonne angestrahlt, ein unvergesslicher Moment. Die Tour führt nach Norden, endlich passiert die Gruppe den einsam gelegenen Renjo-See. Jetzt wurde das Geländer steiler. Die Gruppe befand sich bereits auf über 5000m Höhe und hier hielt sich noch der Schnee der vergangenen Tage. Langsam, Schritt für Schritt und tief einatmend kämpfte sich jeder einzelne bergauf. Dann endlich der mit Gebetsfahnen geschmückte Pass, 5340m. Nach Gipfelfoto und Brotzeit folgte der Abstieg nach Gokyo. Gokyo liegt auf 4750m Höhe am dritten türkisfarbenen Gokyo-See.

Früh am nächsten Morgen, der Aufstieg zum 5360m hohen Gipfel des Gokyo Ri. Ein 5000er würde bei uns bedeuten hochalpines Gelände, aber dieser Berg ist eher ein „Erdhügel“. Nur die Höhe darf nicht unterschätzt werden. Beim Aufstieg boten sich herrliche Blicke auf die gewaltigen Sechs- und Siebentausender im Norden, diese bilden die natürliche Grenze zu Tibet. Tief unten Gokyo See und Ortschaft, darüber ein Moränenwall und dahinter der mächtige Ngozumpa-Gletscher. Cholatse, 6423m und Taboche, 6505m sind ständig präsent, nur die höchsten der Erde wollten sich einfach nicht zeigen. Abends in der Unterkunft (Lodge) dann die schlechte Nachricht. Bir Sing Tamang, der Trekking Guide der Gruppe teilte den Teilnehmern mit: Morgen sei noch einigermaßen gutes Wetter aber am Tag der nächsten Passüberschreitung (Cho La Paas, 5420m) kommt nochmals ein Schlechtwettereinbruch. Dann herrscht dort oben heftiger Schneefall und starker Wind. Überschreitung nicht möglich! Es gibt nur eine Alternative. In drei Tagen den Gebirgsstock umgehen. Abstieg bis Phortse auf 3810m und wieder Aufstieg über Pheriche,4250m und weiter nach Gorak Shep, 5200m. Es war bitter für die Wanderer, doch das Finale kommt noch! Was bestimmt in Erinnerung bleibt ist die Begegnung mit einer Herde wilder Bergziegen, die sich in eleganten Sprüngen der Gruppe näherten. Nebelschwaden strichen über große Rhododendren-Wälder dazwischen stehen Himalaya-Birken, deren Äste „geschmückt“ sind mit langem Hexenhaar (Flechte). Es präsentierte sich eine mystische Landschaft. Erst als die Gruppe am späten Nachmittag Pheriche erreichte riss plötzlich die Wolkendecke auf, und da steht es, das Matterhorn des Nepals, die Ama Dablam , 6814m. Sie hat auch den Titel des formschönsten Berges der Welt. Endlich hatte sich der Regen verabschiedet.

Die folgenden Tage waren traumhaft. Blauer Himmel, nur ein paar Schleierwolken zogen im Wind. Die mächtigen Eisdome begleiteten die Trekker hinein in das eisige Herz des Khumdu. In der Ferne wehten Gebetsfahnen auf dem Thokla Pass. Hier oben stehen hunderte Denkmäler und Grabsteine von verstorbenen Bergsteigern, Kletterern und Sherpas aus aller Welt. Die Gruppe betrat nun die Ausläufer des mächtigen, mit Schotter und Felsblöcken bedeckten Khumdugletschers.

Yak-Karawanen, vollbeladen mit dem Nachschub der Lodges zogen nach Norden und begleiteten oftmals die Wanderer. Am späten Nachmittag taucht endlich Gorak Shep, 5200m auf. In einfachen Zimmern verbrachte man die folgende Nacht.

Am nächsten Tag dann der Höhepunkt der Reise, die Besteigung des 5545m hohen Aussichtsgipfel Kala Pattar, dem höchsten Punkt der Trekking-Tour. Schon um 7.00 Uhr brach die Gruppe auf. Es war eisig kalt, minus 17° und die Route war noch im Schatten. Darüber die Eisriesen schon im Sonnenschein. Langsam, Schritt für Schritt, immer tief einatmend kämpfte sich jeder für sich den Berg hinauf. Dann endlich in der Sonne und mehr und mehr breitete sich das sagenhafte Panorama vor den Augen der Alpinisten aus. Gebetsfahnen schmückten den Gipfel und die höchsten Berge der Erde zum greifen nah. Mount Everest, 8848m, Lhotse, 8516m, Nuptse West,7732m und weitere Sieben- und -sechstausender, darunter auch der Pumori, 7145m. Am Fuße des Khumbu-Gletschers zeigte sich das Everest Basecamp, 5400m. Darüber der zerklüftete Khumbu Icefall, der wohl ohne die furchtlosen Sherpas, die Jahr für Jahr die Routenführung zum Everest anlegen und mit Leitern Gletscherspalten sichern, nicht zu überwinden wäre. Überwältigend war der 360° Blick und keiner konnte genug kriegen. Beim Abstieg ging es wieder zurück nach Gorak Shep und weiter nach Lobuche. Hier musste man sich entscheiden. Wie steht es mit der Kondition und Kraft? Wer schafft noch den nächsten Pass? Den Kongma-La, 5535m. Wer sich den Pass sparen will kann direkt über einfache Wege nach Dingpoche absteigen.

Nach längeren Überlegungen waren es am Schluss nur zwei Frauen die sich für die anstrengende Passüberschreitung entschieden. Anita Kälker vom Alpenverein Pocking und eine junge Frau aus Rosenheim. Ein erfahrener Sherpa begleitete die beiden. Um 7.00 Uhr morgens begann der Aufstieg, stets den 7161m hohen Pumori im Rücken. In der morgendlichen Kälte ging es den Moränenwall hinauf und anschließend betraten die drei den Khumbu-Gletscher. Über dem dicken Eis lag das Geschiebe aus Geröll und Felsblöcke. In einem namenlosen Gletschersee spiegelten sich Pumori, Lingtren und Khumbutse, hinter denen liegt bereits Tibet. Das Felsenlabyrinth war überwunden und nun begann der eigentliche Aufstieg. Der Hang war besiedelt von tausenden Edelweiß und ab und zu zeigten sich ein paar Schneehühner. Das Gelände steilte auf und in der dünnen Luft schienen die letzten 50 Höhenmeter unüberwindbar. Dann endlich geschafft! Der mit Gebetsfahnen geschmückte 5535m hohe Kongma La Pass war erklommen. Und da standen sie aufgereiht. Nuptse, Lhotse, Makalu, Ama Dablam und noch weitere Sieben- und Sechstausender, nur der Everest war nicht zu sehen. Bei diesem Anblick waren die Aufstiegsmühen mit einem Schlag vergessen. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht und schon fast ehrfürchtig stand die beiden Frauen hier oben und konnten sich gar nicht sattsehen an dieser Szenerie. Nun begann der Abstieg hinunter zu einem See auf 5400m und weiter nach Dingpoche, auf 4400m. Hier wartete der Rest der Gruppe auf die Alpinisten.

In den nächsten Tagen führte die Route talauswärts. Das Tosen des Imja Khola begleitete die Gruppe und immer vor den Augen die formschöne Ama Dablam. Man wanderte über Enzianwiesen vorbei an kleinen Kharkas (Almen) und Yakweiden. Natürlich wurde auch noch das Kloster Tengpoche besucht.

Das Trekkingende in Lukla nahte. Mit Flugzeug und Kleinbus ging es zurück nach Kathmandu. Ein unvergessliches Abenteuer ging zu Ende.

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